Günter Kutowski: „Borussia Dortmund wird immer mein Verein bleiben“


Günter „Kutte“ Kutowski spielte von 1984 bis 1996 für Borussia Dortmund, heute wird er 60 Jahre alt. Wir sprachen mit ihm über die dunklen Zeiten seines BVB, das Dasein als Publikumsliebling und Spiele, die man trotz Loch im Kopf beendet.
Günter Kutowski, wussten Sie, dass Mehmet Scholl gerne mit Ihnen in einer Mannschaft gespielt hätte?Er hat nie gerne gegen mich gespielt. Das könnte ein Grund sein. Mehmet und ich haben ein sehr gutes Verhältnis. Wir sind immer fair miteinander umgegangen und hatten viel Spaß zusammen.
Freuen Sie sich über so ein Lob?Absolut! Mehmet war für mich einer der besten Fußballer in Deutschland. Wenn solches aus seinem Munde kommt, freut mich das natürlich sehr.
Warum wird jemand zum Publikumsliebling?Entweder durch sein überragendes Können oder durch Einsatz. Wenn der Zuschauer spürt, dass sich jemand für den Verein opfert, wird das registriert.
Sie waren und sind ein Publikumsliebling in Dortmund.Mir haben die spielerischen Möglichkeiten gefehlt. Vielleicht haben aber die Leute gemerkt, dass ich alles für den Verein gebe. Borussia Dortmund war meine einzige Profistation in der ersten Liga. Diese Zugehörigkeit haben die Leute gespürt.
Wissen Sie noch, gegen welchen Verein Sie Ihr erstes Bundesligaspiel gemacht haben?Natürlich weiß ich das noch. Das war gegen Bayern München.
Welche Erinnerungen haben Sie an diese Partie?Eigentlich sollten wir unter der Woche ein Nachholspiel in Mönchengladbach haben. Dort hätte ich erstmals in der Startelf stehen sollen. Leider wurde das Spiel wegen Nebels abgesagt. Die Partie gegen die Bayern war genial. In Dortmund spielten wir natürlich vor ausverkauftem Haus. Damals waren es noch 54.000 Zuschauer, die aber genau so viel Lärm machten wie 80.000 heute. Wir haben unentschieden gespielt, 1:1. Das war ein Erfolg.
In Ihrer gesamten Karriere erzielten Sie nur drei Tore. Wollten oder konnten Sie nicht?Das liegt natürlich auch an der Aufgabenverteilung. Ich wurde hinten mehr gebraucht als vorne.
Also taktische Anweisung?Ich war auch nicht der größte Spieler. Bei Standardsituationen schaltete ich mich also nicht bei Offensivaktionen ein. Und die wenigsten Abwehrspieler treffen ja aus dem Spiel heraus.
Sie hatten einige Einsätze in der U21-Nationalmannschaft. Warum kam es nie zu einem A-Länderspiel?Wenn ich das wüsste. Da müssen sie den damaligen Bundestrainer fragen. In der Zeit, in der ich meine Topleistungen gebracht habe, lief es im Verein nicht so gut. Spieler aus Dortmund waren leider zu dem Zeitpunkt nicht gefragt.
Es gab damals viel Unruhe im Verein. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?Insgesamt hatte ich in Dortmund eine super Zeit. Den Wechsel habe ich nie bereut. Es war damals sehr intensiv mit absoluten Tiefen. Nach meinen ersten drei Monaten bekam ich schon einen neuen Trainer. Dem Verein ging es sehr schlecht, die Gehälter wurden gekürzt. Wir waren 1984 und 1985 kurz vor dem Ende. Das sind Zeiten, die einen Menschen prägen. Ich habe damals viel gelernt. Als Mannschaft sind wir aus dieser Situation sehr gut herausgekommen und konnten den Verein in bessere Zeiten führen.
Die guten Zeiten begannen Anfang der 1990er. In dieser Zeit sanken aber auch Ihre Einsatzzeiten. Waren Sie zuvor Stammspieler, kamen Sie in der Meistersaison 1994/95 nur auf acht Einsätze. Ist das nicht undankbar?Man fühlt sich in solchen Situationen fernab der Mannschaft. Das ist kein schönes Gefühl. Zu dem Zeitpunkt war Ottmar Hitzfeld Trainer und ich anfangs auch noch Stammspieler. Das änderte sich dann. Ottmar Hitzfeld wollte große Abwehrspieler, das hat dann leider nicht gepasst. Deshalb habe ich 1996 auch den Schlussstrich gezogen.
Sie haben in Paderborn, Dortmund und schließlich in Essen gespielt. Das war Anfang der 1990er nicht unbedingt die große Fußballwelt. Warum haben sie nicht zu einem früheren Zeitpunkt den Absprung gewagt? Sie waren schließlich Stammspieler in der Bundesliga.Ich habe unheimlich gerne für Borussia Dortmund gespielt. Zudem ist man ja auch von sich überzeugt. Ich war nie der Meinung, dass ich schlechter war als andere, die zum Einsatz gekommen sind. Das zeigt sich ja auch in meinen Einsatzzeiten im UEFA-Cup in dieser Zeit.
Unvergessen ist das UEFA-Cup-Spiel 1992 gegen Saragossa, als Sie mit blutdurchtränktem Turban das Spiel beendet haben. Warum verließen Sie nicht früher den Platz?Ich wollte unbedingt das Spiel gewinnen. Es lief auch ganz ordentlich. Für mich war klar, dass ich die Partie beenden wollte. Der erste Turban war auch ziemlich schnell wieder blutrot. Der Schiedsrichter wollte mich damals nicht wieder auf den Platz lassen. Unsere Physiotherapeuten haben dann noch einmal nachgeholfen, dass wenigstens kein Blut mehr fließt. Aus so einem Spiel geht man nicht raus.
Ende der 1990er war die finanzielle Situation von Borussia Dortmund ziemlich bedenklich. Wie haben Sie als Ehemaliger diese Zeit erlebt?Borussia Dortmund wird immer mein Verein bleiben, erst als Spieler und jetzt als Fan und Zuschauer. Man zittert mit. Es sind einem aber natürlich stets die Hände gebunden. Die Zeit Ende der Neunziger war bitter, ganz klar. Man hat damals aber auch Leute in Dortmund gehört, die gesagt haben: „Dann müssen wir in die Oberliga, haben wir halt 50.000 Besucher in der Oberliga.“ Die Menschen stehen einfach hinter der Borussia.
Das Gespann Niebaum/Meier wurde Anfang der Neunzigerjahre als das Duo gefeiert, das endlich Ruhe und Seriosität in den Verein brachte. Wie beurteilen Sie ihre Arbeit aus heutiger Sicht?Das ist nicht ganz einfach. Ich glaube, dass die großen Erfolge ganz fest mit den Namen Niebaum und Meier zu verbinden sind. Die beiden haben uns auch in Europa an die Spitze geführt. Auf der anderen Seite hat man dann vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt die Sachlage ein bisschen falsch eingeschätzt. Es war Himmel und Hölle.
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